Vom 20. bis 22. Mai 2019 fanden die Berliner Energietage im Ludwig-Erhard-Haus der IHK im Herzen Berlin statt. Zum bereits zwanzigsten Mal trafen sich Vertreter der Politik, Wirtschaft, Forschung und privat Interessierte um über die Energiewende zu sprechen. Das Themenspektrum reichte von den Fragen des großen Ganzen – Klimaschutzpolitik, Wärmewende, Kohlekommission – bis zur konkreten Ausgestaltung – Fernwärme-Monopole, Energieeffizienz und Quartierslösungen.

Breites Bündnis als Veranstalter

Die Energietage werden zwar von der Energie- und Umweltmanagementberatung Pöschk organisiert, die einzelnen Themensessions werden aber traditionsgemäß von Ministerien, Verbänden und Unternehmen veranstaltet. So konnte man im Programm Sessions wie „Wohnen und Klima schonen im energieffizienten Haus“ vom Bundesumweltministerium und der co2online GmbH oder „SolarCity Praxisbericht – 100x Solarprojekte in Berlin“ von den Berliner Stadtwerken finden.

Ich selbst konnte an fünf Themensessions teilnehmen, die ich kurz vorstellen werde.

Wenn nicht jetzt – wann dann? Die Vision 2050 für den Klimaschutz

Das Bundesumweltministerium hat direkt zum Auftakt der Energietage unter Moderation von Volker Angres aus dem ZDF die Umweltministerin Svenja Schulze auf die Bühne geholt und über die Klimaschutzziele, das entworfene Klimaschutzgesetz und die Einführung einer CO2-Bepreisung sprechen lassen. Meinem Eindruck nach steht Ministerin Schulze leidenschaftlich für den Klimaschutz ein und will noch dieses Jahr den Worten Taten folgen lassen.

Direkt anschließend hat Thorsten Herdan, seines Zeichens Energiepolitiker im Bundeswirtschaftsministerium, das Zusammenspiel von Umwelt und Wirtschaft hervorgehoben und ein großes „Wir können das!“ hinter die Einführung des notwendigen regulatorischen Rahmens gesetzt.

Zwei Projektleiterinnen des Öko-Instituts stellten anschließend zwei Zukunftsszenarien und vor allem die ökonomischen Auswirkungen der Klimaschutzziele vor. Hierbei wurde klar, dass ein Szenario mit deutlich mehr Energieeffizienz und starkem Zubau Erneuerbarer Energien einen enormen volkswirtschaftlichen Vorteil bringen würde.

Zum Abschluss haben der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Stiftung 2° und die co2online GmbH mit einem jeweiligen Vortrag die Notwendigkeit von Klimaschutz für eine zukunftsfähige Gesellschaft, die Ambitionen großer Unternehmer für den Klimaschutz und Praxisbeispiele für Energieeffizienz aus dem Alltag gezeigt.

Wie weiter nach der Kohle-Kommission? Eine Zwischenbilanz

Anschließend zog es mich zu einer Themensession, die tatsächlich von Mitgliedern der berühmten Kohlekommission veranstaltet wurde. Prof. Dr. Barbara Praetorius war eine der Vorsitzenden der Kohlekommission und fasste die Arbeit und Wirkung der Kommission zusammen. Hier folgte auch ein starkes Plädoyer für die tatsächlich gegebene Versorgungssicherheit Erneuerbarer Energien.

Hauke Herrmann vom Öko-Institut schloss sich an und zeigte konkrete Zahlen zur Entwicklung des Stromsektors und der Emissionen, sowie der Preise im Kohleausstieg. Daraufhin ging Antje Grothus auf den eigentlichen Prosa-Text des Kommissionsberichts ein und zeigte darüber hinaus die menschliche Perspektive aus dem rheinischen Kohlerevier. Abschließend ging René Schuster auf die Situation in der Lausitz ein – in diesem Kohlerevier sind bis heute viele Fragen zur konkreten Ausgestaltung des Kohleausstiegs offen geblieben. So passte es, dass in der gemeinsamen Podiumsdiskussion „Wie weiter nach der Kohlekommission?“ ein fortschreitendes Engagement und vor allem klare Positionen von Bund und Ländern zur konkreten Umsetzung gefordert wurden.

Wärmnetze für Klimaschutzsynergien

Der zweite Tag begann für mich mit Wärmenetzen. Der Verband kommunaler Unternehmen diskutierte gemeinsam mit dem Bundesverband Erneuerbare Energie über die Rolle der Wärmenetze für die Wärmewende. Hier gab es viele interessante Vorträge zu Teibhausgasemissionen, Kraft-Wärme-Kopplung, dem Anteil der Bio-Energie im Wärmenetz, der Wichtigkeit von Wärmepumpen, einem CO2-Preis und weiteren zentralen Faktoren. So wurde auch eine Fläche südlich von Berlin vorgestellt, die mit einem riesigen Solarthermie-Kraftwerk den regionalen Wärmebedarf umfassend und wirtschaftlich sicherstellen könnte.

Fernwärme: Notwendige Reformen des Ordnungsrahmens

Eines meiner absoluten Highlights war die Session des Verbraucherzentrale Bundesverbands zum Fernwärmesektor. Hier kamen zum Beginn drei private Fernwärme-Kunden zu Wort und stellten unter anderem unplausible Preisanpassungen und kuriose Preisberechnungsformeln ihrer jeweiligen Versorger vor. Es zeigte sich, dass die Versorgungsunternehmen durch stark gefallene Strompreise nicht mehr in der Lage sind die Fernwärme querzufinanzieren und daher teilweise abstruse Steigungen der Verbraucherpreise festlegten.

Dr. Thorsten Kasper von der Verbraucherzentrale und der Rechtsanwalt Werner Dorß fassten die oft nicht mehr zeitgemäßen Regelungen – oder eben gar nicht vorhandenen Regelungen – rund um die Fernwärme vor und forderten eine stärkere Anpassung des Sektors an die Regulierung z. B. im Strom- und Gassektor. „Um die Akzeptanz der Verbraucher nicht zu verlieren, muss der Ordnungsrahmen des Fernwärmesektors im 21. Jahrhundert ankommen.“ und „Ein gutes Produkt braucht keinen Anschlusszwang.“ sind nur zwei von vielen klugen Sätzen, die ich hier gehört habe.

Wirksame Preise auf CO2: Technologieoffen, sozialverträglich, wirtschaftlich

Meine letzte Session für dieses Jahr wurde vom CO2 Abgabe e. V. veranstaltet und drehte sich rund um die Einführung und Auswirkung einer Abgabe bzw. Steuer auf Treibhausgasemissionen. Hier diskutierten Vertreter von Politik – das Umweltministerium und Finanzministerium – und Wirtschaft – unter anderem der Vorstandssprecher der GLS Bank – über die Ausgestaltung einer CO2-Abgabe. Wichtig ist, dass eine Verteuerung fossiler Brennstoffe und vor allem des Ausstoßes der Emissionen eingeführt wird, aber es herrscht noch Diskussionsbedarf rund um die Umsetzung. Einig ist man sich bei der sozialverträglichkeit: die Mehrkosten dürften nicht zulasten der normalen Verbraucher kommen. Was sonst geschieht, konnte man in Frankreich bei den Protesten der Gelbwesten ja gut sehen. So würde es auf eine Umverteilung, Auszahlung oder Vergünstigung an anderer Stelle kommen müssen, damit die normale Bevölkerung keine weiteren Mehrkosten auf Grundlage der Energiewende bekäme. Wie diese Herausforderung gelöst wird, ist die vielleicht spannendste energiewirtschaftliche Frage der nächsten Jahre.

Nächstes Jahr wieder

Es war für mich der fünfte Besuch der Berliner Energietage und es hat sich wieder gelohnt. Die Vielseitigkeit und Unabhängigkeit der jeweiligen Themensessions machen diese Konferenz aus. Knapp 60 Sessions und etwa 50 Aussteller auf der Begleitmesse bieten für jeden Besucher interessante Themen rund um die Energiewende. Sobald das Veranstaltungsdatum für 2020 bekannt ist, sollte man sich den Termin rot im Kalender markieren.

P. S. Die Folien der jeweiligen Vorträge werden im Regelfall kurz nach der Veranstaltung veröffentlicht.
Die Links werde ich dann hier im Text einfügen.
Alle Fotos im Beitrag stammen von mir.

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