Die MaKo2020 – Marktkommunikation 2020 – ist die umfassendste regulatorische Änderung der deutschen Energiewirtschaft seit dem Unbundling. Über diese Änderungen wurde schon oft gesprochen, aber selten die wirklichen Konsequenzen für den Alltag hervorgehoben. 

Aber genau diese Aufgaben hat sich Energiewirtschaft Einfach gesetzt: 
Wir brechen das Kleingedruckte der MaKo2020 auf ganz praktische Auswirkungen im Alltag der Mitarbeiter herunter.

Im ersten Beitrag zur praktischen Auswirkung der MaKo2020 haben wir uns die konkrete Umstellung am 1. Dezember 2019 angeschaut. Im zweiten Beitrag ging es um Änderungen in der Stammdatenstruktur und die Netznutzungsabrechnung. Danach ging es um die beiden neuen EDI@Energy-Datenformate COMDIS und UTILTS. Letzte Woche betrachten wir die neue Version des Prozessdokuments MPES. Und heute geht es um die Änderungen für Übertragungsnetzbetreiber.

ÜNB bekommen neuen Aufgaben

Das Inkrafttreten des Messstellenbetriebsgesetzes Ende 2016, der bevorstehende Smart Meter Rollout, Interimsmodell und Zielmodell sowie die dazwischen liegende MaKo2020 bilden die größte regulatorische Änderung der Energiewirtschaft seit Jahren. Im Zuge dieser Änderungen nehmen die Übertragungsnetzbetreiber eine neue Rolle ein. Während sie in den typischen energiewirtschaftlichen Alltagsprozessen bisher nur als Bilanzkoordinator aufgetreten sind und im Hintergrund die Regel- und Ausgleichsenergie verwalteten, werden die ÜNB Ende 2019 mit neuen Aufgaben und Verantwortungen rund um Stammdaten, Energiemengen und die Bilanzierung von intelligenten Messsystemen ausgestattet.

  • Aggregationsverantwortung für Energiemengen aller verbrauchenden und einspeisenden Marktlokationen mit intelligenten Messsystemen (iMS)
    • Übertragung aller iMS-Energiemengen vom MSB an den ÜNB – eine Auflistung kann der MaKo2020-WiM unter BK6-18-032 Anlage 2 im Kapitel III.2.6.9 (pdf) gefunden werden
    • die Prozesse Messwertanforderung und Reklamation Messwert können vom ÜNB an den MSB ausgelöst werden, ein Messwertstorno kann vom MSB an den ÜNB gesendet werden
    • nach erfolgtem Smart Meter Rollout werden dem ÜNB Werte aus dem iMS z. B. bzgl. EEG-Marktlokationen direkt übersendet, siehe MaKo2020-WiM im Kapitel III.2.10
  • Aggregation der Marktlokationswerte zu Bilanzkreissummenzeitreihen als Ausgangspunkt für die Bilanzkreisabrechnung
    • die Austauschprozesse mit dem ÜNB sind in der MaKo2020-MaBiS unter BK6-18-032 Anlage 4 (pdf) beschrieben
  • Einbeziehung der ÜNB in die Stammdatensynchronisation bei iMS-Marktlokationen
    • jegliche Stammdatenänderungen betroffener Marktlokationen werden dem Übertragungsnetzbetreiber gesendet
    • übermittelt der Verteilnetzbetreiber eine Stammdatenänderung an den Lieferanten, der diese wiederum an den ÜNB spiegelt und dieser sendet seinen neuen Stammdatenstand an den initialen Verteilnetzbetreiber der sich nun bestätigt fühlt – jetzt sind alle beteiligten Marktteilnehmer auf dem gleichen Kenntnisstand
    • in den GPKE werden die Stammdatenänderungs- und Geschäftsdatenanfrage-Prozesse mit dem ÜNB unter III Übergreifende Prozesse beschrieben, zu finden unter BK6-18-032 Anlage 1 (pdf)
  • Standardisierung von Regelungen zum sicheren Austausch im Fahrplanprozess zwischen ÜNB und BKV
    • das Dokument BK6-18-032 Anlage 6 (pdf) regelt den elektronischen Datenaustausch von Anlagenfahrplänen per E-Mail
  • ab dem 1. Februar 2020 kann die Umstellung der Datenaggregation von Marktlokationen auf den ÜNB mit Wirkung zum 1. April 2020 vorgenommen werden
    • das BDEW-Feinkonzept zur Einführung der MaKo2020 (pdf) beschreibt die Umstellung unter Kapitel 4

vorgezogene Sofort-Maßnahme zum 1. Oktober 2019

Wie an anderer Stelle schon berichtet wurde, war die deutsche Energiewirtschaft im Juni mit starken Preisschwankungen im Stromgroßhandel konfrontiert. Diese Schwankungen ergaben sich vermutlich aus manipulativem Verhalten von Marktteilnehmern. Um die Korrektheit von Prognosen und die nachträgliche Korrektur im Regel- bzw. Ausgleichsenergiemarkt zu verbessern, hat die Bundesnetzagentur bereits zum 1. Oktober 2019 eine Anpassung in der Meldepflicht für verschiedene Marktrollen beschlossen.

Die BNetzA-Beschlusskammer 6 fordert unter Aktenzeichen BK6-19-218 von den Übertragungsnetzbetreibern ein hartes Durchgreifen bei Pflichtverletzungen der Marktteilnehmer bis hin zur Kündigung von Bilanzkreisverträgen. Um dieses Durchgreifen überhaupt erst zu ermöglichen sollen also schon zum 1. Oktober 2019 diverse Datensätze regelmäßig an die Übertragungsnetzbetreiber gesendet werden:

  • werktägliche Übermittlung aller Messwerte von RLM-Marktlokationen an die ÜNB
    • alle Verbrauchs- und Erzeugungs-RLM-Messwerte müssen am Folgetag des ÜNB gesendet werden
    • die ÜNB sollen damit die Kraftwerks-/ Anlagen-Fahrpläne der Bilanzkreisverantwortlichen abgleichen können
    • bisher haben die ÜNB derartige Messwerte erst nach Wochen über entsprechende Zeitreihen erhalten – zu spät für wirksame Prüfungen
  • Stammdaten von RLM-Marktlokationen werden zum 1. und 15. Kalendertag per Lieferantenclearingliste vom Verteilnetzbetreiber an den ÜNB gesendet
    • gilt während des auslaufenden Interimsmodells bis 1. Dezember 2019
  • RLM-Messwerte werden vom VNB parallel zur bestehenden werktäglichen Übermittlung an den Lieferanten auch an den ÜNB gesendet
    • gilt während des auslaufenden Interimsmodells bis 1. Dezember 2019
  • Lieferanten führen die Stammdatensynchronisation mit dem ÜNB für alle RLM-Marktlokationen durch
    • nicht nur für die per MaKo2020 in der ÜNB-Datenaggregationsverantwortung befindlichen RLM-MaLo
  • mit der MaKo2020 nehmen Messstellenbetreiber den ÜNB werktäglich als weiteren Empfänger in alle Messwertübertragungen auf

Bezüglich dieser „Sofort-Maßnahme“ (Link zur BNetzA) zur Sicherstellung des Ausgleichs von Bilanzkreisen konnten alle Marktakteure bis zum 9. August 2019 bei der Bundesnetzagentur Stellungnahmen abgeben. Der Branchenverband BDEW hat recht deutlich darauf hingewiesen, dass eine Umsetzung bis Oktober nicht realisierbar sei (pdf).

Der erste Beitrag handelt hier von der konkreten Umstellung zum Dezember 2019. Der zweite Beitrag zu Stammdaten und dem Lieferschein ist hier veröffentlicht. Der dritte Beitrag über die neuen Datenformate ist hier zu finden. Der vierte Beitrag über die MPES ist hier verlinkt.

In den nächsten Beiträgen zur MaKo2020 gehen wir auf weitere konkrete Änderungen in den Prozessdokumenten ein.

Bis dahin lässt sich einiges aus dem BDEW-Grobkonzept und -Feinkonzept zur Einführung der MaKo2020 entnehmen. Da diese Dokumente, die GPKE und co. aber nur schwer zu durchschauen sind, bietet sich das beste Seminar rund um MaKo2020 an:

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